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VERBUNDWERKSTOFFE

Polymere für die Zukunft

           
K-ZEITUNG: Das Franz-Patat-Zentrum hat sich die Förderung der Entwicklung und Verwendung nachhaltiger, das heißt zukunfts-verträglicher, Polymere zum Ziel gesetzt. Welche Eigenschaften machen einen Polymerwerkstoff zukunftsverträglich?Dirk Gulden: Zukunftsverträgliche Werkstoffe berücksichtigen die Bedürfnisse der heute lebenden Menschheit, ohne die Entwicklungsoptionen künftiger Generationen zu gefährden. Polymerwerkstoffe können diesen Anspruch z.B. erfüllen, wenn sie sich in einen geschlossenen Stoffkreislauf eingliedern lassen: Als Quelle für die Ausgangsstoffe dienen nachwachsende Rohstoffe, der Werkstoff wird am Ende seiner Lebenszeit durch biologischen Abbau zersetzt und seine Abbauprodukte können als Grundlage für den Anbau neuer Pflanzengenerationen genützt werden. Bei strenger Auslegung der Anforderung müssen sich sämtliche Herstellungs- und Verarbeitungsschritte eben- falls in den geschlossenen Stoffkreislauf integrieren lassen. Der Begriff Nachhaltigkeit darf aber nicht nur mit Polymeren aus nachwachsenden Rohstoffen oder biologisch abbaubaren Produkten verknüpft werden. K-ZEITUNG: Von der weltweit geförderten Erdölmenge werden lediglich vier Prozent zu Kunststoffen verarbeitet. Dem Problem der begrenzten Ölressourcen ist mit dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe zur Kunststoffherstellung also nicht zu begegnen. Was macht Polymere aus nachwachsenden Rohstoffen trotzdem für den Kunststoffverarbeiter interessant?  Dr. Claudia Yaacoub: Der Kunststoffverarbeiter sollte Polymere aus nachwachsenden Rohstoffen in seine Überlegungen zur Rohstoffauswahl dann einbeziehen, wenn die daraus hergestellten Produkte Vorteile in der Anwendung bieten, z.B. durch Einsparung zusätzlicher Arbeitsschritte, oder neue Produkte mit speziellen Eigenschaftsprofilen entwickelt werden sollen. Dadurch, dass Ausgangsstoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe andere chemische Strukturen als synthetische Rohstoffe haben, können daraus Polymere hergestellt werden, die sich in Struktur und Eigenschaften erheblich von konventionellen Polymeren unterscheiden. sehr interessant und vielversprechend sind z. B. Anwendungen um Bereich Bauen und Wohnen.K-ZEITUNG: Wo sehen Sie Vorbehalte, Hindernisse, Probleme im Zusammenhang mit nachhaltigen Polymeren?Dirk Gulden: Zur Zeit geltende gesetzliche Regelungen (z.B. Duales System) stellen biologische abbaubare Polymer mit konventionellen Polymeren gleich. Damit kann der Vorteil der ökologischen Verträglichkeit im Entsorgungsfall nicht genutzt werden, um die höheren Preise für biologisch abbaubare Polymere zu kompensieren. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, die Weichen für die Zukunft neu zu stellen. Aufgrund des großen Konkurrenzdruckes zu preiswertem Produzieren gezwungen, setzen Kunststoffverarbeiter preiswerte Kunststoffe auf petrochemischer Basis ein. Eine Veränderung kann sich hier nur ergeben, wenn sowohl Hersteller als auch   Dr. Claudia Yaacoub: "Mit Ausgangsstoffen auf Basis nachwachsender Rohstoffe können Polymere hergestellt werden, die sich in Struktur und Eigenschaften erheblich von konventionellen Polymeren unterscheiden"Verbraucher Produkte nicht allein auf der Preisebene sondern ganzheitlich betrachten. Kunststoff Verarbeiter gaben zudem bei Umfragen an, mangelnde Erfahrung im Umgang mit Polymeren aus nachwachsenden Rohstoffen zu haben.K-ZEITUNG: Welche Unterstützung bietet das Franz-Patat-Zentrum Kunststoffverarbeitern, die nachhaltige Polymere für ihre Produkte einsetzen oder einsetzen wollen?Dirk Gulden: Das Franz-Patat-Zentrum begleitet diese Kunststoffverarbeiter auf Wunsch von der Idee bis zur Umsetzung in die Produktion. Dazu können die Entwicklung neuer maßgeschneiderter Polymere und die Beratung bei der Auswahl geeigneter Materialien auch auf Basis nachwachsender Rohstoffe, die Entwicklung und Durchführung  anwendungsorientierter Tests und Analysen sowie die Optimierung von Verarbeitungsverfahren gehören. Weiterhin bieten wir Unterstützung in der Beantragung von Fördergeldern aus öffentlicher Hand an und vermitteln Kooperationspartner.K-Zeitung: Erläutern Sie bitte kurz ein konkretes Beispiel für eine gelungen interdisziplinäre Zusammenarbeit!Claudia Yaacoub: In Zusammenarbeit mit einer Deutschen Möbelfirma ist es gelungen, Federelemente für die Herstellung von Lattenrosten auf Basis nachwachsender Rohstoffe über ein modifiziertes Pultrusionsverfahren zu entwickeln.K-ZEITUNG: Kooperation bei Forschung und Entwicklung ist das eine. Darüber hinaus bieten Sie weitere Dienstleistungen an...Claudia Yaacoub: ...wir geben Hilfsstellung bei der Verarbeitung von polymerhaltigen Werkstoffen, Laminaten und Verbundwerkstoffen. So beraten und unterstützen wir zum Beispiel im Bereich Klebtechnik bei der Entwicklung, Auswahl und Anwendung von Klebesystemen. Im Bereich Oberflächentechnik beraten wir bei der Auswahl von chemischen und physikalischen Oberflächenbehandlungsverfahren zur Haftungsverbesserung. Unser Service reicht dabei von der Erstellung von Expertisen  und Markstudien über anwendungstechnische Untersuchungen, chemische und physikalische Analytik bis zur Durchführung von gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekten.K-ZEITUNG: Was unternimmt das Franz-Patat-Zentrum, um bei Kunststoffverarbeitern das Interesse an nachhaltigen Polymerwerkstoffen zu vergrößern?Dirk Gulden: Unsere Öffentlichkeitsarbeit zum Themenbereich der Polymere beinhaltet z.B. Beratungsgespräche vor Ort, das heißt, wir besuchen und beraten interessierteKunststoffverarbeiter in ihren Firmen. Das Franz-Patat-Zentrum hat zudem bisher Studien zu den Themen biologisch abbaubare Polymere, Klebstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen sowie polymere Hilfsstoffe herausgebracht.Wir präsentieren unsere Ergebnisse auf Postern und in Vorträgen auf Tagungen, Messen und vergleichbaren Veranstaltungen sowie auf unseren Internet-Seiten.Darüber hinaus organisieren wir auch selbst Tagungen und Workshops.So richten wir dieses Jahr im November die Tagung "Oberflächenmodifizierung von Polymeren" in Braunschweig aus (siehe dazu auch "Für bessere Haftung" auf Seite 69). K  Dip-Ing. Dirk GuldenFranz-Patat-ZentrumWissenschaftliches Forum für Interdisziplinäre Polymerforschung e.V.Ziel des 1996 gegründeten Franz-Patat-Zentrums ist die Förderung der Entwicklung und Verwendung nachhaltiger, d.h. zukunftsverträglicher Polymere. Das Franz-Patat-Zentrum verknüpft Experten aus den Forschungseinrichtungen im Großraum Braunschweig, Industrie und Verbänden, die sich mit der Entwicklung und Anwendung von Polymeren beschäftigen.Das Zentrum ist über eine zentrale Geschäftstelle im Technologiepark Braunschweig tätig. Als Ansprechpartner stehen dort zur Verfügung: Dr. Claudia Yaacoub (Dienstleistungen Klebtechnik), Dipl.-Ing. Dirk Gulden (Dienstleistungen Oberflächentechnik). 



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